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Ivar Buterfas-Frankenthal in Verden – Ein Zeitzeuge erzählt

Ehepaar Buterfas-Frankenthal und Bgm. Lutz Brockmann Foto: Selina Spöttel
  



Ivar Buterfas-Frankenthal ist ein Überlebender des Holocaust. Er ist einer der wenigen Menschen aus dieser Zeit in Deutschland, und somit einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen. Am Dienstag, dem 06.09.22 war er zusammen mit seiner Frau Dagmar Buterfas-Frankenthal zu Gast in der Stadthalle Verden und sprach vor gut 500 Schülerinnen und Schülern über seine Vergangenheit, seine Erlebnisse und die deutsche Geschichte. Insgesamt hat er zusammen mit seiner Frau schon gut 1600 solcher Veranstaltungen durchgeführt.

Ein Team des NDR begleitete die Veranstaltung. Der Bericht wurde am 14. September in der Sendung DAS! ausgestrahlt. Er ist in der Mediathek und in den Links unter diesem Beitrag zu finden.
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 Ivar Buterfas-Frankenthal in Verden: Ein Bericht des NDR

https://www.ardmediathek.de/video/das/haelt-vortraege-gegen-das-vergessen-ivar-buterfas-frankenthal/ndr/Y3JpZDovL25kci5kZS8wNmQzYWZhMi0xMzE3LTQyN2YtYjVjYi1mNTdjMGFlMzE0NjQ


 Ivar Buterfas-Frankenthal wurde als letztes von sieben Kindern im Januar 1933 in Hamburg geboren. Kurze Zeit später übernahm Adolf Hitler und die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland. Mit sechs Jahren hatte er sein traumatisches Erlebnis, welches ihn bis heute in Albträumen ereilt, sagt er. Es geschah 1938 nach gerade einmal sechs Wochen in der ersten Klasse. Alle Schüler waren auf dem Schulhof angetreten. Nun geschah es, dass der Rektor, ein eingefleischter Nazi, ihn vor der ganzen Schule aufrief. Ihm wurde gesagt, dass er Jude sei und die Schule sofort verlassen müsste, da er sonst „die Luft verpesten würde“. Auf dem Weg nach Hause wurde er dann noch von Mitgliedern der Hitlerjugend und vom Bund Deutscher Mädel aufgehalten. Mit Hilfe von Zigarettenglut verletzten sie ihn und wollten ihn anschließenden über einem Feuer rösten. Seine Schwester Ursel rettete ihn aus der Situation. Dies ist laut eigener Aussage sein schlimmstes Erlebnis von damals. Am 20. Januar 1942 wird ihnen dann die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen. Von nun an waren sie staatenlos. Erst im Jahr 1964 bekam Ivar Buterfas die deutsche Staatsbürgerschaft wieder. Bis dahin saß nämlich der gleiche Mann, ein Nazi, welcher ihm die Staatsangehörigkeit entzogen hatte, im Amt.

1942 folgte zunächst die Flucht in Richtung Osten in die Tucheler Heide (heute Polen). Den Tipp für die Flucht erhielt seine Mutter Ola von einem Gestapo-Mann. Darauf bezogen sagt Herr Buterfas: „Es waren nicht alles Mörder. Es gab auch anständige Deutsche“. Ihre Flucht dauerte gut neun Monate. In der Tucheler Heide versteckten sie sich auf einem Gutshof, bis die SS sie dort aufspürte. Ola Buterfas entschloss sich daraufhin zusammen mit ihren Kindern wieder nach Hamburg zu gehen. Dort versteckte sich die Familie in dem Keller eines zerbombten Hauses. Ivar und einer seiner Brüder suchten in der Zeit zwischen den Trümmern anderer Häuser nach Essen, Kleidung oder auch Möbeln, so Buterfas. Dann kommt 1945 das Kriegsende. Am 4. Mai 1945 rollten die ersten britischen Panzer durch Hamburg. Nach Kriegsende Besuchte Ivar Buterfas nur noch ein Jahr lang eine Schule, danach war Schluss. 1946 kehrte dann auch sein Vater aus Sachsenhausen zurück nach Hause. Dieser war, da er Jude war, früh ins KZ gebracht worden und einer der ersten sogenannten „Moorsoldaten“. Schnell stellte er aber fest, dass ihm die Zeit im KZ so zugesetzt hatte, dass er nicht mehr unter so vielen Leuten leben konnte. Er verließ die Familie abermals und kehrte nicht mehr zurück. Ivar Buterfas-Frankenthal verlor 17 Familienangehörige durch die Nationalsozialisten.
 
Immer wieder appellierte er auch an die Anwesenden, vor allem an die Schülerinnen und Schüler. So sagte er unter anderem, im Bezug auf sein Trauma als Sechsjähriger: „Wenn ihr Unrecht seht auf der Straße, seht nicht weg. Seht hin! Aber lasst euch nicht mit solchen Verbrechern, solchen Strolchen ein.“ Abgesehen von seiner Vergangenheit nahm Ivar Buterfas-Frankenthal auch Bezug auf die Gegenwart. So lobte er die hervorragende Polizeiarbeit in unserem Land, und stellte im gleichen Zug auch ein Ausbildungsprogramm der Polizei Nienburg vor. Dieses läuft unter dem Namen „Polizeischutz für die Demokratie“ und soll die demokratischen Strukturen innerhalb der Polizei stärken. Laut Buterfas könne damit „neue Deutsche Geschichte“ geschrieben werden.
 
Einen letzten Appell hatte er am Ende noch für die Schülerinnen und Schüler. Er nahm Bezug auf die jetzt anstehenden Landtagswahlen und sagte: „Macht, wenn ihr wählt, euer Kreuz an der richtigen Stelle.“ Dass alle diese Botschaft verstanden haben, ließ er sich mit einem lauten „Ja!“ beantworten.

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